Verkehrserziehung erlebbar gemacht: Spielerisch und anschaulich hat der Round Table Fulda die Schüler der Grundschule Eichenzell auf die Gefahren des toten Winkels aufmerksam gemacht

Kurz vor Beginn der Sommerferien parkte am Dienstag vor Beginn der ersten Unterrichtsstunde ein großes Zugfahrzeug der Spedition Kühne + Nagel aus Hauneck auf dem Schulhof der Grundschule Eichenzell. Auch wenn das Wetter es hergegeben hätte, Eis oder Erfrischungsgetränke für die Schüler hatte er nicht geladen. Das Thema war sehr viel ernster: Zusammen mit dem Round Table Fulda hat die Grundschule Eichenzell einen Aktionstag zum toten Winkel ins Leben gerufen. Passend zum Beginn der Sommerferien, in denen viele Kinder am Straßenverkehr teilnehmen, etwa auf dem Weg ins Freibad oder zu Freunden. Round Table Deutschland leistet seinen Anteil an der Verkehrserziehung von Kindern und Jugendlichen schon seit vielen Jahren. Die Aktion „Raus aus dem toten Winkel“ fand bereits an unzähligen Grundschulen in ganz Deutschland statt. Als der Round Table im Frühjahr an Schulleiter Matthias Dente herantrat und die Aktion vorstellte, war dieser gleich von der Idee begeistert. Seiner Begeisterung schloss sich das gesamte Lehrerkollegium an. Nachdem die Klassen sich bereits in den letzten Wochen theoretisch im Unterricht mit den Gefahren des toten Winkels bei LKW beschäftigt hatten, folgte nun das praktische Erfahren. Jede Klasse durfte auf dem Schulhof selbst testen, wie groß der tote Winkel eines LKW ist. Nachdem sich die gesamte Klasse in den toten Winkel gestellt hatte, konnte sich jeder Schüler auf dem Fahrersitz selbst davon überzeugen, dass seine Mitschüler für ihn „unsichtbar“ waren. Unterstützt wurde das Team vom Round Table um Ulrich Bonse-Geuking, Johannes Olbrich und Markus Risse von Gerhard Brink, der Vorstandsmitglied der Landesverkehrswacht Hessen ist. Die Schüler hatten sichtlich Spaß an der Verkehrserziehung.

 

von links: Schulleiter Matthias Dente, Fahrer von Kühne + Nagel Thomas Bobak, Johannes Olbrich, Markus Risse, von der Verkerswacht Gerhard Brink, Ulrich Bonse-Geuking

 

Das Thema toter Winkel ist derzeit wieder hochaktuell: Anfang Juni hat Bundesverkehrsminister Scheuer verkündet, dass eine Sonderförderung in Höhe von fünf Millionen Euro für die Ausstattung von LKW mit Abbiegeassistenten zur Verfügung gestellt wird, um Abbiegeunfälle zu verhindern. Nur drei Stunden nach Beginn der Förderrunde war die gesamte Fördersumme bereits erschöpft. Für eine flächendeckende Ausstattung der LKW-Flotte auf Deutschlands Straßen reichen die Mittel bei Weitem nicht.

Die Alternative zu Förderprogrammen wäre die verpflichtende Ausstattung von LKW mit einem Abbiegeassistenten. Die zusätzlichen Kosten für die Spediteure wären überschaubar. Aktuellen Erhebungen zufolge würde sich hierdurch die monatliche Leasingrate eines LKW um 10 Euro im Monat erhöhen. Das Bundesverkehrsministerium verweist darauf, dass ein nationaler Alleingang in dieser Sache nicht möglich sei. Hier müsse die Europäische Union handeln.

Einstweilen bleibt es also dabei, dass nur ein Bruchteil der LKW auf Deutschlands Straßen mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet ist. Selbst bei einer verpflichtenden Ausstattung der LKW mit einem solchen System könnten Abbiegeunfälle zukünftig nicht vollständig verhindert werden. Das zeigen die Erfahrungen mit den umfangreichen verpflichtenden Seitenspiegeln bei LKW. Zwar ist seitdem ein Rückgang der Abbiegeunfälle zu verzeichnen, der tote Winkel bleibt aber weiterhin ein Problem. Erst Ende Mai wurde eine Radfahrerin in Nürnberg so stark von einem rechtsabbiegenden Betonmischer erfasst, dass sie kurze Zeit später im Krankenhaus verstarb. Es zeigt sich: auch immer bessere Sicherheitsvorkehrungen können Unfälle und schlimmstenfalls Verkehrstote nicht verhin-dern. Was bleibt ist das Risiko Unachtsamkeit, auf beiden Seiten, bei den LKW-Fahrern sowie den übrigen Verkehrsteilnehmern.

Besonders gefährdet, Opfer eines Abbiegeunfalls zu werden, sind Kinder und Jugendliche, sei es als Fußgänger oder Radfahrer. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand: Kinder können die Gefahren im Straßenverkehr noch nicht richtig abschätzen und sind in der Gruppe nicht selten abgelenkt. Für die anderen Verkehrsteilnehmer sind sie schlechter wahrnehmbar, ihr Verhalten ist schwerer vorher-zusehen.

Daher verwundert es nicht, dass der aktuelle DEKRA-Verkehrssicherheitsreport 2019 die Gefahren für Kinder und Jugendliche im Straßenverkehr genauer unter die Lupe genommen hat. Zwar sind die Zahlen der Verkehrstoten über die letzten Jahre tendenziell rückläufig. Dennoch sterben weiterhin weltweit täglich etwa 500 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren infolge von Verkehrsunfällen. In Deutschland im Jahr 2018 immerhin 79. Was allerdings Grund zur Besorgnis gibt: in Deutschland ist die Zahl der durch Verkehrsunfall getöteten Kinder im Jahr 2018 im Vergleich zum Vorjahr um etwa 30% angestiegen. Die DEKRA macht hierfür auch die sogenannten „Eltern-Taxis“ verantwortlich. Häufige Unfallsursache: Unfälle im toten Winkel. Dieser ist für Kinder ganz besonders schwer einzuschätzen.

Der Round Table Fulda hofft, dass zumindest in Eichenzell der Aktionstag Wirkung zeigen wird. Jedes schwerverletzte oder schlimmstenfalls getötete Kind im toten Winkel ist eines zu viel und durch richtige Verkehrserziehung vermeidbar.